Kampf um Umweltmarke – PRIMA KLIMA

Kampf um Umweltmarke – PRIMA KLIMA

Der Fall: Auf diese Umweltmarke war ihr Schöpfer wahrscheinlich besonders stolz. Sie bestand aus einem griffigen, leicht merkfähigen Reim! Sie wurde von dem Geschäftsführer der Firma PRIMA KLIMA TRADING aus Tschechien unter anderem für Lüftungs- und Heizungsgeräte als Unionsmarke angemeldet:

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Mit der Marke war allerdings das französische Erdölunternehmen Primagaz SA nicht einverstanden. Die Primagaz SA ist Gesellschafter der PRIMAGAS Energie GmbH, einem der größten deutschen Versorger für Flüssiggas. Das französische Unternehmen verfügt über eine aus seinem Namen bestehende, unter anderem ebenfalls für Lüftungs- und Heizungsgeräte geschützte Unionsmarke

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Die Primagaz SA legte Widerspruch ein und machte eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Zeichen geltend.

Dem widersprach jedoch zunächst die Prüfungsabteilung und nachfolgend auch die Beschwerdekammer des EUIPO. Es bestehe keine Ähnlichkeit zwischen beiden Marken. Die Zeichen stimmten nur in dem Werbeschlagwort „PRIMA“ überein. Dieses enthalte aber keinerlei Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Lüftungs- und Heizungsgeräte. Der Verbraucher könne die betriebliche Herkunft von Waren aufgrund einer Übereinstimmung in Werbeschlagworten nicht unterscheiden. Er könne sie daher auch nicht fälschlicherweise demselben Unternehmen zuordnen. Es bestehe keine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken.

 Primagaz aber gab nicht auf. Das Unternehmen erhob Klage vor dem Gericht der Europäischen Union – und bekam Recht.

Aber warum? Die Entscheidung beruhte auf einer mustergültigen Analyse der Marken !

Die Analyse des EUIPO hatte im Wesentlichen die Sicht der deutschen und österreichischen Verbraucher zugrunde gelegt. Für diese hat der Bestandteil „PRIMA“ in beiden Marken sicherlich nur lobenden Charakter. Die Übereinstimmung der Marken in diesem allgemeinen Werbeschlagwort konnte keine Verwechslungsgefahr auslösen.

Aber beide Marken waren Unionsmarken. Es kam deshalb nicht nur auf die deutschen und österreichischen Verbraucher an. Alle Verbraucher in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union waren relevant. Das Gericht der Europäischen Union prüfte deshalb, wie die Verbraucher in den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Zeichen verstanden und ob jedenfalls für diese Verbraucher eine Verwechslungsgefahr anzunehmen sei.

Auf dieser Grundlage stellte es fest, dass das Wort PRIMA für die Verbraucher in Italien keinen lobenden Charakter hatte. PRIMA ist dort ein weibliches Adjektiv mit der Bedeutung „die erste“ im Sinne einer Zahl. In Bezug auf Lüftungs- und Heizungsgeräte stellt das keine lobende Aussage dar. Auch beschreibt es keine Eigenschaften der Geräte. Dem italienischen Verbraucher kann das Wort PRIMA deshalb die Herkunft der Lüftungs- und Heizungsgeräte aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb anzeigen. Es ist für ihn unterscheidungskräftig.

Für die weiteren Zeichenelemente „KLIMA“ und „GAZ“ gilt das in Italien jedoch nicht. Diesen Wörtern entnimmt der italienische Verbraucher dieselbe Bedeutung wie der deutsche Verbraucher. In Bezug auf die mit den Marken gekennzeichneten Lüftungs- und Heizungsgeräte bezeichnen „KLIMA“ und „GAZ“ jedoch lediglich Eigenschaften. Aus Hinweisen in Marken auf Eigenschaften der mit den Marken gekennzeichneten Produkte kann der Verbraucher nicht auf die betriebliche Herkunft der Produkte schließen. Solche Elemente im Registermarken haben in Kollisionsfällen nur eine ganz geringe Unterscheidungskraft.

Die Analyse der Marken durch das Gericht der Europäischen Union zeigte deshalb, dass die Verbraucher in Italien sich zur Unterscheidung der mit den Marken versehenen Lüftungs- und Heizungsgeräte schwerpunktmäßig an dem Zeichenelement PRIMA orientieren. Beide Marken weisen dieses Element als maßgebliches Unterscheidungsmerkmal der Lüftungs- und Heizungsgeräte auf. Es besteht deshalb in Italien eine Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen.

Vergleichbares stellte das Gericht der Europäischen Union im Übrigen auch für die französischen Verbraucher fest, ohne dass es darauf jedoch noch ankam.

Im Ergebnis wurde der Umweltmarke PRIMA KLIMA der Schutz für Lüftungs- und Heizungsgeräte versagt. Darauf, dass die Marke aus deutscher und österreichischer Sicht eine besonders gelungene Umweltmarke war, kam es nicht an.

Gericht der Europäischen Union vom 24. September 2015, T-195/14.

Learnings: Wenn Sie für bestimmte Produkte eine griffige Umweltmarke entwickelt haben, prüfen Sie das Zeichen sorgfältig nach dem vorstehenden Muster durch. Stellen Sie genau fest, wie die Bezeichnung von den Verkehrskreisen, die sie mit den Produkten erreichen wollen, in den einzelnen Staaten verstanden wird. Auf dieser Grundlage können Sie dann nicht nur die Eintragungsfähigkeit der Marke, sondern insbesondere auch eine durch sie ausgelöste Verwechslungsgefahr mit anderen Marken beurteilen. Die Verwechslungsgefahr in einem einzigen Mitgliedstaat reicht bereits aus, um einer Europäischen Unionsmarke den Schutz zu versagen. Wenn Sie diese Schritte im Vorhinein unternehmen, können Sie eine Menge Geld sparen !

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